Assistenzhund Finanzierung Deutschland


Von den Assistenzhunden steht (zumindest aktuell noch) nur der Blindenführhund im Hilfsmittelkatalog. Dieser ist zwar eigentlich nicht abschließend und eigentlich sollten auch von den anderen Assistenzhunden zumindest einige dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienen, wie Blindenführhunde und deshalb übernommen werden. In der Praxis sieht es aber so aus, dass die anderen Assistenzhunde nur in extrem seltenen Fällen von Krankenkassen genehmigt werden - teilweise mit rechtlich falschen Behauptungen. Bessere Chancen hat man über die Eingliederungshilfe, das Soziale Entschädigungsrecht (früher Opferentschädigungsgesetz) oder den FSM. Für viele Mitarbeiter in den Ämtern ist das Thema Assistenzhunde (abgesehen vom Blindenführhund) auch noch recht neu, was auch ein Grund für Ablehnungen ist. Weitere Möglichkeiten sind Stiftungen, Spenden sammeln oder selbst finanzieren, wenn möglich. Grundsätzlich muss man sich leider in den meisten Fällen darauf einstellen, dass es ein Kampf wird, die Finanzierung zusammenzubekommen und dass es auch dauert.


SOZIALLEISTUNGSTRÄGER (der erste Absatz gilt außer der ersten Hälfte, des letzten Satzes, übertragen auch für Stiftungen)

Bei den Sozialleistungsträgern ist eine Übernahme bei den unten folgenden Trägern möglich. Erforderlich ist ein schriftlicher Antrag, der ausführlich begründet werden sollte (was für Einschränkungen gibt es und wie soll der Assistenzhund dabei helfen), am besten auch eine ausführliche Begründung eines Facharztes (zumindest aber eine Verordnung eines Arztes oder ähnliches - die ausführliche Begründung kann man auch durch den Kostenträger anfordern lassen, dann muss dieser evtl. Kosten tragen) und eine Kostenaufstellung und/oder ein Kostenvoranschlag. Zusätzlich solltet ihr angeben, was ihr schon alles an Therapien versucht habt. Es ist wichtig, dass der Sachbearbeiter erkennen kann, dass eure Beeinträchtigung nicht so schnell geheilt werden kann, da es nach Bewilligung ja noch min. 1 Jahr, eher 2-3 Jahre dauern wird, bis der Assistenzhund fertig ausgebildet ist. Wenn ihr nicht genau wisst, dass der Sachbearbeiter sich mit Assistenzhunden auskennt, geht lieber davon aus, dass er keine/kaum Ahnung hat, was Assistenzhunde sind. Benutzt deshalb möglichst keine Fachbegriffe im Antrag und schickt Aufklärungsmaterial zur Sicherheit mit. Gut ist es auch auf §12e BGG und AHundV hinzuweisen und Studien zum Thema (gerne auch englische) mitzuliefern. Zudem ist es sinnvoll auf das Wunsch- und Wahlrecht (§8 SGB IX hinzuweisen) und einen Kostenvergleich von Alternativen anzuführen und/oder zu begründen, warum es keine Alternative gibt und/oder diese nicht zumutbar sind.

Sinnvoll ist es insbesondere bei der Eingliederungshilfe, den Antrag nicht beim gewünschten Träger zu stellen, sondern am besten bei der Krankenkasse bzw. wenn man den Antrag eigentlich über die Krankenkasse laufen lassen möchte, woanders. Nach § 14 SGB IX darf ein Träger, der meint, ein anderer sei zuständig, den Antrag an diesen weiterleiten. Der 2. angegangene Träger muss dann entscheiden und dies nach allen möglichen Sozialgesetzbüchern (einzige Ausnahme: Er darf den Antrag ein drittes Mal weiterleiten, aber nur, wenn sich der 3. damit einverstanden erklärt). In der Praxis sieht insbesondere die Eingliederungshilfe oft die Krankenkasse als zuständig und leitet deshalb die Anträge dort hin, was ein großer Nachteil ist, weil die Krankenkasse auch eher nicht entscheiden wird, dass der Assistenzhund über Eingliederungshilfe bewilligt wird. Deshalb ist es oft ein Vorteil, wenn der 2. angegangene Träger der ist, bei dem man den Antrag bearbeitet haben möchte.

Beim Widerspruch empfiehlt sich auch eine Akteneinsicht. Spätestens bei einem Widerspruch sollte man diesen am besten vor dem Abschicken von jemand prüfen lassen, der sich mit dem Thema gut auskennt, wenn man das nicht selbst tut. Bitte plant dafür genügend Zeit vor Ende der Frist ein, damit Der-/Diejenige genügend Zeit hat, sich das anzuschauen und reicht bzw. nehmt sowohl Antrag, ärztliche Unterlagen, Bescheid des Sozialleistungsträgers als auch Widerspruch usw. ein bzw. mit.

Wenn der Widerspruch auch abgelehnt wird, sollte man überlegen zu klagen. Wenn man bedürftig ist, gibt es die Möglichkeit, hierfür Beratungs- und Prozesskostenhilfe zu bekommen. Zumindest für letzteres prüft das Gericht die Erfolgsaussicht vor Bewilligung.


KRANKENKASSEN SGB V

Auch wenn die anderen Assistenzhunde nicht im Hilfsmittelkatalog stehen, ist eine Übernahme durch die Krankenkasse im Einzelfall rechtlich möglich. In der Praxis sträuben sich die Krankenkassen allerdings vehement und auch die Gerichtsverfahren gingen, zumindest bisher, meist negativ aus.

Nach § 33 Absatz 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.

Da der Assistenzhund (auch nach §12e BGG) eine spezielle Ausbildung erhält, ist er ein Hilfsmittel und kein Gebrauchsgegenstand, wie es ein Familienhund ist. In der Rechtssprechung wird bei Hilfsmitteln über die Krankenkasse zwischen dem unmittelbaren und mittelbaren Behinderungsausgleich unterschieden.

Unmittelbarer Behinderungsausgleich:

Wird ausgegangen, wenn ein Hilfsmittel eine verloren gegangene Körperfunktion ganz oder teilweise ersetzt.

Beispiele: Hörgeräte ersetzen das Hören, Prothesen das Laufen, Exoskelette das Laufen

Dann wird automatisch davon ausgegangen, dass ein Grundbedürfnis betroffen ist.

Anspruch besteht hierbei auf einem Hilfsmittel, das die Behinderung möglichst weitgehend ausgleicht.

Es ist nicht in erster Linie auf Wirtschaftlichkeit abzustellen. Dies ist nur möglich, wenn es zwei genauso gute Hilfsmittel gibt, von denen eines günstiger ist.

Beispiel: Beinamputierte haben Anspruch auf eine intelligent gesteuerte Prothese, wenn sie mit dieser Vorteile haben, z. B. weniger hinken.

Mittelbarer Behinderungsausgleich:

Wird ausgegangen, wenn ein Hilfsmittel die indirekten Folgen ausgleicht, wenn ein unmittelbarer Ausgleich nicht möglich ist, nicht ausreicht oder wenn eine ausreichende Funktion verbessert werden soll.

Beispiele: Rollstuhl ermöglicht nicht das Laufen, aber die Fortbewegung; Klingelleuchte nicht das Hören, aber das Sehen des Klingelns.

wird nur übernommen, wenn ein Grundbedürfnis betroffen ist.

Zu den entscheidenden Grundbedürfnissen zählen dabei: das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (damit sind kurze Spaziergänge, naheliegende Ärzte und Läden in der Nähe gemeint und die eigene Wohnung)

Es wird nur ein gewisser Basisausgleich übernommen - Stichwort Wirtschaftlichkeit.

Wenn das Hilfsmittel kein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft, sondern dazu dient, die Auswirkungen der Behinderung in der sozialen Teilhabe oder im Beruf zu mindern oder Folge eines Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit ist oder die Pflege erleichtert, besteht kein Anspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung. Dann müsst ihr schauen, ob einer der folgenden Träger in Frage kommt.


UNFALLVERSICHERUNG SGB VII

Ist für Hilfsmittel zuständig, deren Ursache ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit ist. Hier wurden bereits Assistenzhunde übernommen.


PFLEGEVERSICHERUNG SGB XI

Ist für Hilfsmittel zuständig, die Pflege erleichtern. Trifft bei Assistenzhunden nur in seltenen Fällen zu. Die Chancen sind hier ähnlich schlecht wie bei der Krankenversicherung.


RENTENVERSICHERUNG UND ARBEITSAGENTUR SGB VI (6) UND II+III (2+3)

Sind für Hilfsmittel zuständig, die eine Berufsaufnahme bzw. -fortführung ermöglichen, wenn nicht die Unfallversicherung zuständig ist.


JUGENDHILFE SGB VIII

Bei Hilfsmitteln zur Eingliederungshilfe für Kinder mit seelischen Behinderungen bzw. drohenden seelischen Behinderungen.


SOZIALES ENTSCHÄDIGUNGSRECHT SGB XIV (14 - früher Opferentschädigungsgesetz)

Für Opfer von Gewalttaten. Wenn man bereits Leistungen bekommt, kann sich ein Antrag hier lohnen.


EINGLIEDERUNGSHILFE/SOZIALAMT SGB IX (9)

Für Hilfsmittel zur sozialen Teilhabe (§47 SGB IX). Für Assistenzhunde bestehen hier derzeit in vielen Fällen die größten Chancen, insbesondere wenn eine Teilhabe ohne Assistenzhund unmöglich ist.

Diese Leistung ist von Einkommen und Vermögen abhängig.


FSM

Falls zutreffend. Hier kann man einmalig 10.000-15.000 € bekommen und damit auch einen Assistenzhund (zum Teil) finanzieren.


STIFTUNGEN

Es gibt verschiedene Stiftungen in Deutschland, die Assistenzhunde (zum Teil) finanzieren. Über z. B. https://stiftungssuche.de/ oder die Stiftungsseiten der Bundesländer kann man nach passenden Stiftungen suchen. Man muss sich darauf einstellen, dass man gerade bei Erwachsenen viele Stiftungen anschreiben muss. Sucht euch Stiftungen, die thematisch passen. Die Erfahrung zeigt, dass es sich am meisten lohnt, mit regionalen Stiftungen zu beginnen. Oft wird gefragt, welche Stiftungen schon Assistenzhunde finanziert haben - aber abgesehen von Stiftungen, die auf Assistenzhunde (und Therapiehunde) spezialisiert sind bzw. dem Thema generell sehr offen gegenüberstehen, macht sowas keinen Sinn. Denn die Stiftungen haben ihre Vorgaben und nur weil eine Stiftung in einem anderen Fall bereits einen Assistenzhund (teil-)finanziert hat, bedeutet es nicht, dass sie dies auch in einem anderen Fall macht und wie schon genannt, finanzieren Stiftungen tendenziell lieber regional.

An Unterlagen sollte man dasselbe einreichen, was man bei Sozialleistungsträgern einreichen würde. Zusätzlich sollte man angeben, wie es finanziell aussieht. Wenn man eine Sozialarbeiterin oder Ähnliches hat, lohnt sich auch ein Schreiben von dieser. Auch sollte man angeben, was man evtl. schon an Spenden oder von anderen Stiftungen usw. zusammen hat. Wenn der Stiftung noch was fehlt, wird sie das dann noch anfordern. Bei manchen Stiftungen steht auch auf der Homepage genau beschrieben, was sie haben möchten bzw. welche Voraussetzungen es gibt. Man sollte am besten gleich mehrere Stiftungen anschreiben.


SPEZIALISIERTE" STIFTUNGEN:


SPENDEN SAMMELN

Spenden kann man online z.B. auf "Gofundme", "Betterplace" oder "Leetchi" sammeln. Wichtig ist ein gut gestalteter Aufruf, der möglichst viele Fragen beantwortet, die sich Leute stellen, wenn sie den Aufruf sehen.

z. B. Wobei soll der Hund helfen? Was für ein Hund ist geplant? Wie lang besteht die Behinderung schon? Was hat man außer dem Assistenzhund schon versucht? Welcher Trainer wird den Hund (mit) trainieren? Wie ist die finanzielle Situation? Übernimmt man auch selbst einen Teil der Kosten? Wenn nein, warum nicht? Ist die Versorgung des Hundes finanziell (Futter, Tierarzt bzw. Hundekrankenversicherung usw.) gesichert? Gibt es jemanden, der sich um den Hund kümmert, wenn man ins Krankenhaus muss oder selbst nicht raus kann? Wenn man nicht bereit ist, Informationen preiszugeben, hat man kaum Chancen. Wichtig sind auch Fotos.

Man sollte am besten auf Social-Media teilen und Bekannte um Hilfe bitten. Man kann auch in Gruppen teilen, wo das den Regeln nach erlaubt ist.

Sehr gut ist, wenn man den Aufruf nicht selbst erstellt - sprich, dass Geld nicht aufs Privatkonto geht, sondern auf das eines Vereins, einer Stiftung oder des Trainers. Oder wenn man ein solches zumindest als zusätzliche Möglichkeit angeben kann. Sollte man das eigene Konto angeben bzw. das Geld privat bekommen und es nicht direkt zum Trainer gehen, muss man, wenn man Bürgergeld, Grundsicherung oder einkommensabhängige andere Leistungen bekommt, aufpassen. Dann unbedingt vorher mit dem Amt abklären und sich schriftlich geben lassen, dass die Spenden nicht angerechnet werden (macht auch Sinn, dies dann im Aufruf angegeben wird, dass es geklärt ist).


Es macht auch Sinn, regionale Unternehmen anzuschreiben, Zeitungsberichte sind auch sehr hilfreich usw.



(Quelle: Facebookgruppe Assistenzhunde 2.0, Verfasserin Sandra Neubert)

Share by: